Solinger Messer

Solinger Messer stehen weltweit für beste Qualität Made in Germany. Wie kam es zu diesem Image und ist es heute noch gerechtfertigt?

In Solingen sagt man „Solinger Schneidwaren“. Je weiter man sich von Solingen entfernt, sind zwar die die Solinger Messer die bekanntesten Produkte, aber Solingen kann natürlich noch mehr. Früher waren Schwerter, Säbel und Degen, aber auch Sensen wichtige Produkte aus Solingen. Scheren, Bestecke und auch Feilen gehören heute zu den wichtigsten Produkten, die in Solingen hergestellt werden. Daneben spielen aber auch Werkzeuge eine Rolle. Das Bergische Land ist die Heimat vieler bekannter und hochwertiger deutschen Markenwerkzeuge. Denn selbstverständlich macht eine so lange Tradition nicht an Gemeindegrenzen halt. Das wird auch daran deutlich, dass die an Solingen grenzende Stadt Haan in den Markenschutz der Kollektivmarke „Solingen“ eingeschlossen ist.

Als einzige Stadt der Welt ist der Stadtname als Marke geschützt. Die Klingenstadt hat auch damit ein wirklich einzigartiges Alleinstellungsmerkmal.

Eine so erfolgreiche Marke wie Solingen lockt mit ihrem seit Jahrhunderten bewiesenen Qualitätsversprechen natürlich auch Fälscher auf den Plan. Jedes Jahr finden Zollbeamte weltweit in Regionen, wo Werkzeuge produziert werden auch Messer und Scheren mit der Markierung „Solingen“. In Solingen gibt es dazu auch das Museum Plagiarius – ein ganzes Museum mit Exponaten der dreistesten Ideendiebe.

Wenn ein Produkt mit „Solingen“ markiert wird, hat das eine große Werbewirkung. Wann eine solche Markierung erlaubt ist, regelt die „Solingen-Verordnung“ Darin ist festgelegt, dass die Schneidwaren in allen wesentlichen Herstellungsstufen innerhalb des Solinger oder Haaner Stadtgebiets bearbeitet und fertiggestellt sein müssen. Anders als bei „Made in Germany“ reicht es z.B. nicht, wenn man an einem Solinger Messer nur den Griff in Solingen montiert. Daher ist die Marke gleichzeitig eine Herkunftsbezeichnung wie z.B. bei Kölnisch Wasser oder Lübecker Marzipan. Auch wird in der Verordnung der Qualitätsstandard definiert. Der Wettbewerb unter den Solinger Unternehmen sorgt für die „Überprüfung“, dass die Verordnung eingehalten wird.

Der Ursprung Solinger Messer

Seit dem späten Mittelalter werden in Solingen Klingen für Messer und Schwerter hergestellt. Das fließende Wasser der Wupper bzw. Wipper nutzten die Schleifer durch Wasserräder für den Antrieb ihrer Schleifsteine. Neben den Wohnhäusern entstanden entlang des Flusslaufes die sogenannten Kotten – also die kleinen Werkstätten, in denen die Klingen geschliffen wurden. Zu dieser Zeit wurden auch Schmiedehämmer mit Wasserkraft bewegt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts konnten durch den Einsatz von Dampfmaschinen große Fallhämmer eingesetzt werden. In dieser Phase wurde Solingen zur führenden Klingenstadt.

Solinger Messer heute

Durch die Massenproduktion hat es auch Veränderungen in der Struktur der Solinger Industrie gegeben. Wenige Hersteller haben die Zeichen der Zeit damals richtig gedeutet und hatten gleichzeitig den Mut zu großen Veränderungen. Das bekannteste Beispiel ist der Hersteller Zwilling, der auf Massenproduktion und auf die Stärkung der eigenen Marke setzte. Diese bekannteste Marke aus Solingen produziert heute international und kann daher seine Schneidwaren nicht mehr mit „Solingen“ branden. Manche Hersteller wie Güde haben die Nische in höchster Qualität handwerklich traditionell hergestellter Messer gefunden. Andere haben einen Mittelweg gesucht und auch die Massenproduktion im Hochlohnland Deutschland belassen. Ein Beispiel dafür ist die Firma Wüsthof.

Solinger Museen mit Bezug zu Schneidwaren

• Deutsches Klingenmuseum
• Balkhauser Kotten Schleifer-Handwerks-Museum
• Gesenkschmiede Hendrichs
• Plagiarius – das Museum zum Ideenklau
• Wipperkotten
• Loosen Maschinn – Solinger Dampfschleiferei

Solinger Erfindungen und Patente

Niemand wird sich wundern, dass es zahlreiche Erfindungen und Patente rund um Solinger Messer und Schneidwaren gegeben hat und weiterhin gibt. Eine vollständige Aufzählung ist nicht möglich. Wer sich dafür interessiert, kann sich beim Deutschen Patent- und Markenamt DPMA informieren.

Hier eine kleine willkürliche Nennung einiger Erfindungen bzw. Patente aus Solingen:

• Zwiebelschneidemaschine (Mutti kocht jetzt ohne Tränen)
• Ein spezieller Tortenheber
• Dosenöffner mit Handkurbel
• Wellenschliff für Brotmesser
• Einklappbare Taschenmesser
• Klappmesser ohne Feder &ndash heute als Butterflymesser bekannt

Solinger Messer – bekannte Hersteller und Marken

Die Hersteller der Solinger Messer kennen sich natürlich untereinander – man kennt die jeweiligen Domänen und Stärken. Aber am Markt sind die Nachbarn Konkurrenten und liegen auch in den Fachgeschäften und virtuell ebenso in den Online-Shops, meist direkt nebeneinander. Manche Marken wie z.B. Güde oder Wüsthof sind in der öffentlichen Wahrnehmung präsenter als andere, einige haben einen Namen bei besonderen Zielgruppen wie z.B. Lutz Blades bei Klingen für den industriellen Einsatz. Hier eine Liste der Hersteller Solinger Messer:

Windmühle

Mit der Marke Windmühle vertreibt die Robert Herder GmbH die beliebten Windmühlenmesser. Gegründet 1872 wird in dem Familienbetrieb bis heute Wert gelegt auf traditionelle Handarbeit.

Güde

1910 gründete Karl Güde die Solinger Manufaktur. 1931 erfand sein Sohn Franz Güde den Wellenschliff für Brotmesser. Heute führt der Urenkel des Gründers Dr. Karl Peter Born den traditionsreichen und weltweit erfolgreichen Hersteller Solinger Messer. Durch viele Innovationen und höchste Qualität der in einem Stück geschmiedeten Klingen wurden oft Güde Messer als Testsieger ausgezeichnet.

Felix

Felix gehört weltweit zu den ältesten Messer-Manufakturen überhaupt. Seit 1790 werden bei Felix hochwertige, handgefertigte Solinger Messer produziert. Auch nach der Übernahme durch den Schweizer Mischkonzern Zepter im Jahr 2012 wird weiterhin am Standort Solingen produziert.

Burgvogel

Mit dem Gründungsjahr 1949 gehört dieser Hersteller Solinger Messer noch zu den jungen Unternehmen. Messer von Burgvogel sind von sehr guter Qualität und werden auch weltweit erfolgreich vermarktet.

Triangle, Gehring

Es gibt in Solingen auch Hersteller, die sich auf die Produktion konzentrieren und dabei nicht den Vertrieb der eigenen Marke in den Vordergrund stellen. Solche Hersteller fokussieren auf ihre technischen Fähigkeiten und sind damit auch für professionelle Abnehmer interessant, die nicht die erforderlichen Stärken in der Produktion besitzen. So gibt es auch bei Schneidwaren viele Markenprodukte, die nicht von den Markeninhabern produziert werden. Einige davon kommen aus dem Hause Gehring, andere z.B. von Triangle. Wie qualitativ hochwertig solche Produkte sogar unter den Traditionsschmieden eingeschätzt werden, zeigt sich auch dadurch, dass komplementäre Produkte teilweise im Angebot der Manufakturen angeboten werden. Einige Produkte von Triangle gibt es z.B. auch bei Güde.

Böker

Die Firmengeschichte von Böker beginnt bereits im Jahr 1674. Eine entsprechend wechselvolle und spannende Historie hat dieser Markenhersteller erlebt. Frühe wirtschaftliche Weitsicht hat aus dem keinen Hersteller von Handwerkzeug aus dem 17. Jahrhundert ein weltweit erfolgreich agierendes und innovatives Unternehmen gemacht. Design, Qualität und Vielfalt sorgen für stabil bleibende Nachfrage.

Carl Mertens

Das Traditionsunternehmen Carl Mertens Schneidwaren wurde im Jahr 2023 durch den chinesischen Investor, der die Mehrheit an dem Unternehmen 2014 übernommen hatte, geschlossen. Es wird nicht mehr in Solingen produziert. Dem chinesischen Unternehmen gehören die Markenrechte, so dass weiterhin Messer mit der Marke „Carl Mertens“ auf dem Markt zu erwarten sind. Die Herkunftsangabe „Solingen“ darf dann nicht verwendet werden. Messer, die „sonstwo“ produziert werden tragen einen deutschen Traditionsnamen. Das kennt man aber durchaus auch von anderen „alten“ Marken vieler Branchen, die sich durch Investoren aus dem Ausland retten wollten. Für Carl Mertens Messer, die nach der Schließung des Solinger Werkes produziert wurden, geben wir keine Kaufempfehlung.

Zwilling

Zwilling ist der Gigant der Schneidwarenindustrie mit Solinger Tradition. 1731 meldet Peter Henckels das neue Unternehmen und mit den Handwerkszeichen des Zwillings gleichzeitig eine der ältesten Bildmarken der Welt an. Es gelingt fast kontinuierlich ein rasanter Aufstieg mit auch international beeindruckenden Erfolgen und Patenten. So erfolgreich, dass die Wehrhahn Gruppe 1970 als Alleinaktionär Zwilling übernimmt. Seither wurden Markenhersteller aus „angrenzenden Branchen“ übernommen. Aber auch unter dem Namen Zwilling werden nicht mehr nur Schneidwaren, sondern auch Küchenhelfer, Kochgeschirr etc. erfolgreich vertrieben. Nach eigenen Angaben (2021) kommen rund 85 Prozent des Umsatzes aus dem Ausland. Auch die Produktion findet nicht mehr allein in Deutschland statt.

Wüsthof

Deutlich über 200 Jahre sind seit der offiziellen Gründung von Wüsthof im Jahre 1814 vergangen. Im Laufe der spannenden Unternehmensgeschichte konnten weltweit viele Erfolge erzielt werden. Trotz der Größe des Unternehmens – Wüsthof beschäftigt insgesamt rund 500 Mitarbeiter – blieb der einzige Produktionsstandort in all der Zeit immer Solingen. Inzwischen wird innerhalb Solingens an drei Standorten produziert. Aber Wüsthof ist das Paradebeispiel dafür, wie die wirksame Herkunftsbezeichnung der Solinger Messer auch Weltweit ideal für die Vertriebsstrategie genutzt werden kann. In der Produktion wird zwar mit modernen Robotern gearbeitet, aber die „Feinarbeit“ an Oberflächen und Schneide, wird weiterhin von Meisterhand erledigt.

Ausflugstipp Solinger Messer

Einer der interessantesten und vielseitigsten Märkte Deutschlands ist sicherlich der Solinger Zöppkesmarkt. Seit 1969 findet dieser Markt einmal im Jahr statt: immer am zweiten Wochenende im September. Eine Mischung aus Volksfest, Trödel, Messer und vielem mehr bietet diese lebhafte Veranstaltung. Hier gibt es alle Infos dazu: www.zoeppi.de

Übrigens: Zöppken werden in Solingen die klassischen Küchenmesser mit kurzer Klinge genannt. Je nach Region hat dieses Messer unterschiedliche Bezeichnungen.